Ich sage Nein zum Krieg

 

Ich sage nein zum Krieg, oder „Keine Kerzen zum Advent“.

Ich mache es kurz heute. Ich sage laut nein zum Krieg. Schreie es aus meinem Herzen heraus. Hoffe das die Kraft meines Schreies Politiker vom Formate Kiesewetters, Hofreiters, Baerbock, insbesondere einer auf mich sehr verstörend wirkenden Strack-Zimmermann erreicht.

Ich sage Nein zu weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine. Nein zur NATO-Osterweiterung und Nein zur Entsendung von NATO Truppenverbänden an die Ostfront. Wer zu diesen dreimal nein heute ja sagt, der/die/das soll selbst an die Front gehen. Dort, wo es Granaten und Blut regnet, soll er für seine Meinung stehen. Soll nicht vom Schreibtisch aus versuchen, diese Welt durch Chaos und Dummheit atomar vernichten zu können.

An der Front sollen die Jasager sich ein Sturmgewehr geben lassen und gegen ihren hausgemachten Feind marschieren. Dorthin, wo, wie einst Oberfeld Steiner sagte, die „Eiserne Kreuze“ wachsen. Doch bin ich mir sicher, wie nichts Neues im Westen, einst Erich Maria Remarque, das diejenigen, die den Krieg wollen, die diesen mit ihnen unbekannten Leibern füllen, diejenigen sind, die zumeist nicht selbst hineingehen.

Zudem. Heute regieren, befehlen tragen Menschen Verantwortung über mein Leben, die anscheinend keine Ahnung vom grausamen Schrecken des Krieges zu haben scheinen. Nicht im geringsten zu erahnen vermögen, was Krieg mit den Menschen, unseren Körpern und Seelen anzurichten vermag. Gar nichts scheinen die Verantwortlichen zu wissen. Obwohl. Vielleicht wissen sie um der Bedeutung. Nur interessiert es sie nicht. Vielleicht sind ihre Herzen eiskalt wie ihre Seelen verloren und Menschen ohne Wert.

Ich entstamme einer Kriegs und oberschlesischen Flüchtlingsfamilie. Beide Großväter waren im Krieg. Wie deren Brüder, die heute in fremder Erde liegen. Ein Großvater kam zurück. Ausgemergelt aus der Gefangenschaft. Gezeichnet und seelisch zerstört. Vater erlebte den Angriff der Heimatstadt als Hitlerjunge. Mein Stiefvater kam 1944 mit sechzehn an die Front und mit siebzehn in Kriegsgefangenschaft nach Nordafrika. Ich erinnere mich an die vielen Nächte, in denen er sich aus immer wiederkehrenden Albträumen wach schrie. Der schrecklichen Erfahrungen durch Flucht und Vertreibung beider Familienteile. Das Grauen des Krieges, das traumatisch in die Gene in unsere Enkelgeneration weitergegeben wurde.

Ja Herrgott im Himmel. Haben die heutigen Befürworter des Krieges das Leid ihrer Eltern und Großeltern völlig vergessen? Haben sie nicht zugehört, wenn ihnen bei Familientreffen berichtet wurde? Wurden sie gar genmanipuliert? Ich verstehe es nicht. Kann es nicht nachvollziehen.

Helmut Schmidt sagte: „Lieber 100 Stunden umsonst verhandeln, als eine Minute schießen.“

Verhandelt endlich! Die Forderungen Russlands zur Beendigung des Krieges sind nachvollziehbar. Ein Frieden war 2022 zwischen der Ukraine und Russland doch schon (fast) ausgehandelt, als Boris Johnson dazwischen ging. Der englische Premier Selenski und der Ukraine Versprechungen machte, die vom Westen der NATO nicht erfüllbar waren. Es sei denn, Atomwaffen wären damals von Johnson als "ultimative Endlösung" für den "Sieg" mit versprochen worden. Aber echt jetzt mal. Wer will deren Einsatz? Psychopathen nur.

Kurzum. Lasst Russland daher die Krim. Diese war seit Jahrhunderten russisch und auf dieser leben fast ausschließlich Russen. Die Donbas Gebiete, in denen in der Mehrheit ebenfalls Russen leben Selbstständig werden können und die Ukraine als Staat darf kein NATO Mitglied werden. Und aus ist der Krieg.

Im Dezember letzten Jahres verstarb einer der den Krieg kannte. Dieter Potthoff war ein großer Weltenbummler, Künstler und guter Freund. Ich durfte einige seiner Erlebnisse rund um diesen schönen Erdball aufschreiben und in Form zweier Bücher herausbringen. Ein paar seiner Erinnerungen liegen bis heute unveröffentlicht in meinem Büro. In einer Schublade die seinen Namen trägt.

An einer unserer letzten Begegnungen im Dezember hielt er ein politisches Magazin in seiner Hand. Er meinte, es ausgelesen zu haben und wäre davon überzeugt, dass es für Deutschland böse enden wird. Die Menschen wären wieder so weit. Bereit gemacht und willig für den Krieg. Ohne zu begreifen, auf was und für wen sie sich da einlassen.

Vielleicht kann die folgende, bisher unveröffentlichte Kindheitserinnerung einer Bombennacht im Zweiten Weltkrieg von Dieter Potthoff den ein oder anderen Befürworter aus gefährlicher Kriegsbesoffenheit ernüchtern. Dieter, ich wir alle, die nein zum Krieg, zum weiteren Morden sagen, erhoffen es uns sehr.

-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Keine Kerzen zum Advent (von Dieter Potthoff)

Es war wie immer. Die Sirenen heulten wieder viel zu spät und noch während wir aus der Wohnung in den Keller flüchteten, hörten wir schon das Brummen in der Luft. Würden die Bomberflotten dieses mal wieder vorbeifliegen?

Ich war damals sieben Jahre alt. Den Weg zum Bunker kannte ich schon alleine. Überall strömten die Menschen aufgeregt durch die Straßen meiner Stadt. Der Bunker war auch an diesem Tag wieder von Menschen überfüllt.

Seien sie doch vernünftig“, schrie der Blockwart. Ich kroch auf den Boden zwischen den Beinen der vielen Menschen hindurch und verkroch mich unter einer Bank. Das Krachen der ersten Bomben war zu hören. Es war der 27. Juli 1943. An diesem Tag waren sie wieder einmal über uns. An diesem Tag waren es mehr als siebenhundert britischer Bomber der RAF, die über hunderttausend Spreng- und Brandbomben über unseren Köpfen entluden.

Was die Menschen bald schon erleiden mussten, das übertrifft alles bislang Vorstellbare. Zehntausende von Bränden vereinigten sich in Minuten zu riesigen Flächenbränden und zu einem wahrhaftigen Feuersturm. Die schmalen Straßen brannten. Der tausend Grad heiße Feuersturm reißt Tausende mit sich in das höllische Flammenmeer. Die Hitze im Bunker wurde unerträglich. Während des fortwährenden Bombardements über der Stadt schwankte mehrmals der ganze Bunker. Dann viel die Notbeleuchtung aus. Ich hörte Frauen und Männer schreien. Die Kinder weinten und krallten sich an unbekannten Menschen fest. Leute um mich herum fielen in Ohnmacht. Plötzlich wurde die Bunkertür geöffnet.

RAUS, RAUS, ALLE RAUS HIER!“ Hörte ich eine männliche Stimme laut rufen.

In Panik geratene Menschen liefen in Richtung der Ausgangstore. Traten, schwankten, stiegen über gefallene Menschen hinweg. Sie krochen über tote, schrecklich entstellte, noch lebende Menschen hinweg. Menschen deren Anblick niemand vergessen wird. Höre noch das Flehen nach Erlösung derer die es traf. Hier leise geflüstert, dort laut herausgeschrien. Aus kaum mehr menschlich erscheinenden Leibern und entstellten Gesichtern.

Ich schaffte es, ohne zu stürzen zum Ausgang. Was ich erblickte, war schrecklich. Vor mir tat sich die Hölle auf. Alles brannte. Die Flammen rasten waagerecht durch die zerborstenen Fenster von Haus zu Haus. Ich war für Momente unfähig, mich zu bewegen. Dann begann mich ein riesiges Schneegestöber zu umhüllen. Doch dieser Schnee war nicht kühl und feucht. Es war grau-heißer, sengender Funkenregen. Dann rannte ich los. Ohne zu wissen, wohin. Nur noch Rennen. Rennen. Rennen.

Links wie rechts von mir fielen Häuser in sich zusammen. Und weiterhin fielen die Bomben vom Himmel. Ich konnte sie durch den Aschenfunkenhimmel auf uns Menschen nieder gehen sehen. Verletzte und blutende Menschen liefen von rechts nach links und links nach rechts, ohne Sinn und Verstand schreiend, blutend, weinend umher. Mehrmals wurde ich umgestoßen. Mehrmals wollte ich danach einfach nur liegen bleiben. Wie schön wäre es jetzt gewesen, wäre dies ein fürchterlicher Alptraum aus dem ich aufwachen könnte. Doch ich schlief nicht. Dieses war die Welt, in die ich geboren wurde. Eine Welt, die zum Albtraum wurde. Die der Albtraum ist. Einer, aus dem das Entrinnen unmöglich, es kein Erwachen gibt.

Erst jetzt dachte ich an meine Mutter. Wo war sie denn nur? Wo waren mein Bruder? Wo war meine Schwester? Ich sollte doch auf sie aufpassen. Nie wieder in meinem Leben fühlte ich mich so einsam wie in diesem Moment.

Dann sah ich sie. Die „Kerzen“. Vor mir mitten auf der Straße standen brennende Kerzen. Doch es waren keine Kerzen, die brannten. Es waren Menschen, die vor meinen Augen lichterloh brannten, in sich zusammen sackten und endlich verstummten. Ich konnte sie nicht zählen, zu viele waren es, die auf den Straßen um mich herum brannten, verglühten, zerfielen.

Dann sackte ich ebenfalls zusammen. Niemand beachtet mich. Auf der Straße liegend rollte ich mich wie ein Tier mit angezogenen Knie und Armen zwischen Schutt und von überall niederprasselnden, brennenden Geröll zusammen, unfähig zu weinen.

Dann begann ich zu schreien. Ich schrie und schrie. Unaufhörlich.

Meine Frau rüttelte mich wach und sprach beruhigend auf mich ein. „Hattest du wieder diesen Albtraum?“ Schweißgebadet schaute ich sie an und stammelte verängstigt, noch immer mit wild klopfenden Herzen: “Keine Kerzen zum Advent. Bitte keine Kerzen.“ 

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Im Juli 1943 starten die Alliierten massive Luftangriffe auf Hamburg. Im entstandenen Feuersturm starben (laut alter Geschichtsbücher!) mehr als 40.000 Menschen. Von diesen waren ca. 23.000 Frauen und ca. 7000 Kinder.

Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen den Krieg, bis ich herausfand, dass es welche gibt, die dafür sind. Besonders die, die nicht hineingehen müssen.“ (Erich Maria Remarque, deutscher Schriftsteller, 1898 – 1970)


Kommentare